Samstag, 3. März 2012

Totgesagte leben länger?

Es ist unglaublich und doch nur allzu logisch. Nach den eher mäßigen Auslandsexkursen der vergangenen Jahre muss ich offen und ehrlich zugeben, dass ich es meinem alten Freund und Trainings- und Teampartner Picollo nicht zugetraut hätte, irgendwann in nächster Zeit einen Flug auf fremdem Grund zu gewinnen, insbesondere mit dem Heimspiel in Essen dieses Jahr. Nun ja, wie sagt man so auf gut Deutsch: Denkste! Ich habe ihn als äußerst unberechenbaren Spieler kennen und schätzen gelernt, und dem Titel macht er nun mit seinem Erreichen der Runde der letzten Vier in Birmingham einmal mehr alle Ehre.

Wenn ich aber mal tief in mein CPler-Herz schaue, wird mir lange kein anderer deutscher Spieler einfallen, dem ich diesen Erfolg mehr gönnen könnte. Das fängt schonmal an mit dem Superlativ, dass er von den derzeit aktiven Spielern überhaupt der einzige ist, der noch länger in der Szene unterwegs ist als ich – um zwei oder drei Monate etwa, wenn ich mich gerade nicht täusche. Und beide werden wir dieses Jahr die Zehnjahresmarke erreichen! Gerade wenn man noch nie die Ehre hatte, sein Land bei der Weltmeisterschaft zu vertreten, obwohl es einem immer das höchste Ziel war, genau das zu tun, ist es sicher nicht nur ein versöhnlicher, sondern ein gar krönender Abschluss eines Jahrzehnts.
Das war ein Grund. Einen weiteren habe ich bereits angedeutet, aber nun nochmal richtig: Spielerisch gehört er schon lang zu den an den Fingern abzählbaren Leuten, die einerseits meinen höchsten Respekt haben und mich andererseits auch in meinem eigenen Stil besonders beeinflusst haben. Das in seinem Fall genau deshalb, weil er eigentlich so gut wie nie irgendwelche Standards eins zu eins abgepinselt hat, sondern seine eigene Schiene gefahren ist, und das auch immer wieder erfolgreich in inoffiziellen Kreisen. Der Witz ist, ich habe ihm sogar schon hin und wieder Mangel in Teambaufähigkeiten hinsichtlich Synergie angekreidet (Notiz: Teambau und auch „Theorymon“ gehört an dem Spiel sicher zu meinen Lieblingsbeschäftigungen neben dem Kämpfen selbst). Das war etwa zu jenen Zeiten, als ich selbst mich doch eher auf Standardzeug verlassen hab (wenn auch mit der individuellen Note, die ich niemals abgelegt hab). Die Erklärung mag wie eine Binsenweisheit klingen, aber sie entspricht doch klar der Wahrheit: Es zählt nicht, wie toll das Team ist, was jemand spielt, sondern wie er es spielt. Am Ende hat es nämlich genau so ausgesehen, dass Picollos Erfolge (als einzelner Spieler) nicht bereits auf dem Papier angekündigt wurden, sondern der Lohn für intelligentes Spiel mit dem Gegner waren. Ok, und wo hat mich das jetzt inspiriert? Nun ja, im alten DP-Einzelkampf-Metagame hatte ich auch mal ein Team, das auf dem Papier mal eben in weniger als einer halben Stunde zusammengehauen war, absolut nicht perfekt (und damit auch wider meine Ansprüche sozusagen) ausgesehen hat, aber in der Praxis wurde es dann zu einem meiner besten und liebsten Teams überhaupt. Ich weiß nicht, ob das auch so passiert wäre, wenn ich meinen Gurkenmann nie kennengelernt hätte. ;)
Da aller guten Dinge drei sind, wäre es angebracht, ich brächte einen dritten Grund. Dafür hab ich mir den wohl offensichtlichsten aufgehoben: Team Instant Win, nebenbei auch Namensgeber für dieses Blog. Als Multikampf-Duo haben wir zwei zwischen 2004 und der Gegenwart mehr erreicht als viele Spieler in traditionellen Nichtteamturnieren. Es würde jedoch den Rahmen sprengen, die Geschichte hier und jetzt zu erzählen, also wenn dann später mal.

So. Jetzt hab ich vielleicht mehr oder minder erfolgreich nach angebrachten Worten gerungen, aber was bleibt, ist schon eine kleine bittersüße Situation. Es werden alle Deutschen – und so auch ich –, die dieses Jahr die Weltmeisterschaftsqualifikation anstreben, einen starken Gegner weniger haben. Auf der anderen Seite werde ich persönlich neben meinen eigenen bereits hohen Zielen quasi noch zusätzlichen Druck dadurch haben, dass ich gefälligst nicht im eigentlich nichtssagenden Fernduell gegen meinen langjährigen Partner abstinken, sondern ihm direkt folgen will! Aber all den ehrenwerten Egoismus jetzt mal zurückgestellt, herzlichen Glückwunsch; eine bessere Nachricht (außer vielleicht den Tagessieg) hätte der Tag nicht bringen können.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen